"Ich bin stärker als Du!" – Sexueller Missbrauch im Fußball
Sport (D 2024)
Über Jahre missbraucht ein Fußballtrainer jugendliche Spieler. Im März 2024 wird er wegen 488 Fällen des sexuellen Übergriffs und 153 Fällen der Vergewaltigung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt – es ist einer der größten Fälle von sexuellem Missbrauch im Sport in Deutschland. Doch wie konnte der Trainer über all die Jahre unentdeckt Jugendliche missbrauchen? Die meisten Straftaten finden auf dem Vereinsgelände statt – in einer Umkleidekabine. Der Trainer gibt sich als Physiotherapeut aus, obwohl er keine entsprechende Ausbildung hat. Die angeblichen "Behandlungen" sind sexuelle Übergriffe bis hin zur Vergewaltigung. Die Betroffenen geraten in einen Sog, bei dem sie nicht merken, dass sie missbraucht werden. Eine typische Täterstrategie, sagt Bettina Rulofs von der Sporthochschule Köln: Die missbräuchlichen Situationen würden so Teil des Alltags, dadurch könnten die Betroffenen nicht wahrnehmen, dass es sich dabei um etwas Falsches handelt. "Und es ist ja auch so, dass sie das Wissen voneinander haben, dass das auch den anderen passiert. Also ist das so, als würde da so ein Deckmantel drüber gelegt, und es ist alles in Ordnung. Warum sollte das schlimm sein?" Der Trainer nutzt dabei auch seine Vergangenheit als Trainer bei einem Profiklub aus, weil das bei den Jugendlichen den Traum vom Profifußball weckt. Als die Taten schließlich innerhalb des Vereins bekannt werden, tun sich die Verantwortlichen schwer mit dem Umgang: erst ein Jahr später erstatten sie Anzeige. In der Dokumentation "Ich bin stärker als Du!" zeichnet Andrea Schültke den Fall nach. Henry, einer der betroffenen Spieler, erzählt, wie der Trainer, zu dem er aufschaut, ihn in die Falle locken konnte. Der Film zeigt, wie überfordert der Verein mit der Situation lange ist und sich auch nach dem Urteil gegen den Trainer schwertut mit der Aufarbeitung. Die Dokumentation gerät darüber hinaus der Frage nach, welche Rolle die Fußballverbände bei der Prävention vor und dem Umgang mit sexualisierter Gewalt spielen. Und wie die Profiklubs, in deren Nachwuchsleistungszentren Präventionskonzepte Bedingung für die Lizensierung sind, als Vorbilder dienen können. Im Mittelpunkt aber stehen die Betroffenen, die sich mit dem Mut sich ihrer Geschichte zu stellen und den Täter vor Gericht und ins Gefängnis zu bringen von ihrer Opferrolle emanzipieren. Oder wie Henry es ausdrückt: "Das Allerwichtigste ist, du bist an nichts schuld. Das, was dir passiert ist, dafür kannst du nichts. Und du musst dich für nichts schämen."