Echtes Fleisch ohne Tier – Die Zukunft schmeckt anders

Echtes Fleisch ohne Tier – Die Zukunft schmeckt anders
3SA
Do, 05.12.2024 | 20:15 - 21:00

Ernährung (D 2024)

Es sieht aus wie Huhn, es schmeckt so, doch es stammt nicht vom Huhn. In Kalifornien kommen Fleisch und Fisch jetzt aus dem Bioreaktor. Wissenschaftsjournalist Ingolf Baur hat beides probiert. 52 Kilo Fleisch verzehrte ein Mensch in Deutschland 2022. Nun züchten Unternehmen weltweit aufwendig Muskelzellen, um die Lust auf Fleisch ökologisch und ethisch korrekt zu stillen. Können wir echtes Fleisch bald komplett ohne Tierleid und schlechtes Gewissen genießen? Nicht nur das Tierwohl, auch der ökologische Fußabdruck der industriellen Tierhaltung verlangt ein Umdenken. 15 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen, ein gigantischer Land- und Wasserverbrauch, Antibiotikaresistenzen: Die massenhafte Tierzucht ist zum planetaren Problem geworden. Joshua Tetrick hat mit "Good Meat" als eines der beiden ersten Unternehmen in den USA eine Zulassung für kultiviertes Fleisch bekommen. In Tanks mit bis zu 3500 Litern vermehrt er Muskelzellen von Hühnern und füttert sie mit allem, was ein Hühnerkörper auch zu bieten hat: unterschiedlichste Kohlenhydrate, Proteine, Fette, Vitamine, Mineralstoffe – alles pflanzenbasiert. Heraus kommt ein Brei aus Zellen, der mithilfe eines pflanzlichen Gerüsts zu fasrigem Fleisch geformt wird. Noch kostet das Kilo viele Hundert Dollar. Lässt sich die Produktion auf einen global relevanten Maßstab skalieren? Ähnliches gilt für die Produktion von zellulärem Lachs beim Start-up "Wildtype" in San Francisco. Ihr erstes Produkt aus dem Labor ist überraschend fischig, fettdurchzogen, geschmacklich nah am Original. Doch ob sich dadurch die Bestände von Wildlachs retten lassen, wie die Gründer hoffen? Was sind die Alternativen? Alison Van Eenennaam von der University of California versucht, die Fleischproduktion effizienter zu machen. Mit der Genschere CRISPR hat sie das Erbgut eines Rindes so verändert, dass dessen Nachkommen ausschließlich männlich sind. Ein großer Vorteil, schließlich wachsen männliche Tiere schneller, weibliche Kälber haben einen höheren Ressourcenverbrauch, um dieselbe Menge Fleisch zu erzeugen. Sie brauchen mehr Futter, mehr Wasser und emittieren mehr Methan, der ökologische Fußabdruck der Viehhaltung würde also kleiner. Für Pasi Vainikka von "Solar Foods" aus Helsinki sind das alles nur Zwischenschritte auf dem Weg zu einer wirklich nachhaltigen Nahrung der Zukunft: In gigantischen Fermentern züchtet er eine ganz neue Kategorie von Lebensmitteln: Bakterien, die mit CO2 und Wasserstoff gefüttert werden und zu einem Produkt namens "Solein" angerührt werden. Ein geschmacksneutraler, proteinreicher Grundstoff, der Eier und Milch in praktisch allen Lebensmitteln ersetzen kann. Die Zukunft wird anders schmecken. Guten Appetit! WissenHoch2 – ein Thema, zwei Formate: Um 20.15 Uhr beleuchtet eine Dokumentation relevante wissenschaftliche Fragen; um 21.00 Uhr diskutiert Gert Scobel das Thema mit einem interdisziplinären Team von Experten und Expertinnen.